Sven Sebastian
Was deine Schlafstörungen mit Stress zu tun haben (und 10 Tipps, was du dagegen tun kannst)
Aktualisiert: 18. Juli 2022
Fühlst du dich auch manchmal unendlich müde? Leidest du unter Schlaflosigkeit? Kannst du nicht gut ein- oder durchschlafen? Damit bist du nicht allein! Laut DAK Gesundheitsstudie aus dem Jahr 2017 klagt jeder zehnte Deutsche über Schlafprobleme.
Schlafstörungen können vielfältige Ursachen haben – körperliche und psychische. Deshalb ist es bei andauernden Problemen wichtig, dass du dich gründlich ärztlich durchchecken lässt.
Sehr oft sind allerdings die Hormone, die unseren Schlaf-Wach-Rhythmus regulieren, aus dem Gleichgewicht geraten. Besonders im Vordergrund stehen hierbei Melatonin und das (Stress)Hormon Cortisol.
Schlaf und Stress sind auf diese Weise eng miteinander verbunden.
Stress kann sich negativ auf die Schlafqualität und -dauer auswirken, während unzureichender Schlaf andersherum das Stressniveau erhöhen kann.
Je schlechter du schläfst, desto weniger fühlst du dich ausgeruht und desto eingeschränkter kannst du emotional und kognitiv funktionieren. Dies wiederum sorgt für noch mehr Stress. Ein Teufelskreis.
Sowohl Stress als auch Schlafmangel können zu dauerhaften körperlichen und geistigen Gesundheitsproblemen führen.
In diesem Blogartikel erfährst du u.a..:
Weshalb Schlaf wie ein Anti-Aging-Mittel auf dein Gehirn wirkt.
Warum Schlafprobleme oft tagsüber entstehen.
Was du tun kannst, wenn du im Bett ins Grübeln gerätst.
Was es mit deiner inneren Uhr auf sich hat.
Was passiert, wenn du dauerhaft schlecht schläfst.
Inhalt:
1. Wie Stress deinen Schlaf beeinflusst
1.1 Direkter körperlicher Einfluss
1.1.1 Das "Stresshormon" Cortisol
1.1.2 Melatonin - Hormon des zirkadianen Rhythmus
2. Was ist gesunder, erholsamer Schlaf?
3. Wozu kann Schlafmangel führen?
4. Was passiert in deinem Gehirn, wenn du schläfst?
5. Woran erkennt man eine Schlafstörung?
6. 7 Tipps für einen erholsamen Schlaf
7. 3 Tipps, die dir helfen, wenn du vor dem Einschlafen ins Grübeln gerätst
1. Wie Stress deinen Schlaf beeinflusst.
Eine aktuelle Studie (10.1002/smi.3144) hat untersucht, wie sich das erhöhte Stresserleben während dem Beginn der Pandemie auf den Schlaf der Befragten ausgewirkt hat. Im Ergebnis konnten die Forschenden eine sehr enge Verbindung zwischen Schlafproblemen und Stress während des Tages feststellen.
Stress kann sich:
Direkt körperlich auf den Schlaf auswirken und das Einschlafen so erschweren.
Kognitiv in nächtlichem „Grübeln“ bemerkbar machen und so den Schlaf verhindern.
Das Hirn affektiv-emotional immer wiederkehrend so stark beschäftigen, dass ein Durchschlafen nicht möglich ist.

Stress kann man sich anhand einer einfachen Formel verständlich erklären.
Er ist das Ergebnis folgender Gleichung:
Multipliziere einfach deine, als „stressig“ wahrgenommenen Alltagsfaktoren (Stressoren) mit der psychoemotionalen Bewertung, die du diesen individuell beimisst und teile dies anschließend durch deine Stress-Coping-Ressourcen und Resilienz-Kompetenzen.
Ein Beispiel hilft, die Stress-Formel besser zu verstehen:
Während eines von dir organisierten Online-Meetings schalten nicht alle Teilnehmenden ihre Kamera ein. Obwohl dies so im Konferenz-Regelwerk für alle bindend festgehalten wurde.
Das Verhalten dieser Personen nimmst du emotional als störend wahr. Kognitiv - also gedanklich - fängst du dich außerdem an zu fragen, warum das immer bei dir passiert. Eine negative Gedankenkette beginnt sich durch deinen Kopf zu entwickeln. Du stellst dich und dein Durchsetzungsvermögen anderen gegenüber in Frage.
In dieser Zeit versuchst du parallel das Meeting am Laufen zu halten. All das strengt dein Hirn unbewusst an. Bezogen auf unsere Stressformel wird damit der Fakt, dass einige Teilnehmenden am Online-Meeting ihre Kamera nicht einschalten, für dein Hirn zu einem ernstzunehmenden Stressor.
Entsprechend der Stress-Formel gibst du diesem Stressor im weiteren Verlauf eine mehr oder weniger starke Bedeutung, was einer kognitiv-emotionalen Bewertung gleichkommt.
So könnte es dir einfach egal sein, ob die Teilnehmenden alle ihre Kameras einschalten, du ziehst das Meeting ganz nach deinen Vorstellungen durch und ärgerst dich nicht über das Verhalten.
Es kann aber auch sein, dass du ein Mensch bist, der sich gern an Regeln hält und das auch als wertschätzend gegenüber anderen betrachtet. In diesem Fall versuchst du eventuell, die Teilnehmenden zu motivieren, die Kameras anzumachen.
Dazu greifst du auf die bittende Strategie zurück, appellierst an den Verstand und den Anstand. Du erinnerst an das Regelwerk und das damit verbundene Commitment.

Wenn es dir so gelingt, dass nahezu alle Teilnehmenden die Kamera anmachen, wird dein inneres Stresslevel sich schnell wieder auf dem Normwert befinden.
Falls es Widerstände gibt, dann kann es sein, dass du dich darüber noch tage- und nächtelang ärgern wirst, was dir in der Konsequenz den Schlaf raubt.
Schuld daran ist zum einen - neurobiologisch betrachtet - das, während der gedanklichen und emotionalen Stressverarbeitung von dir ausgeschüttete Stresshormon Cortisol. Psychologisch betrachtet ist es aber eher dein zögerlicher Umgang mit der eigentlichen Situation.
Stressoren stellen immer eine Herausforderung für dein Hirn da. Denn dieses ist dazu geschaffen, im Interesse des eigenen Überlebens, jegliche wahrgenommenen Reize im Zusammenspiel mit deinem Körper zu verarbeiten. Für diesen Verarbeitungsprozess stehen dir spezifische, neurobiologische Stressreaktionsmechanismen zur Verfügung.
Die neurobiologischen Stressreaktionen im menschlichen Hirn entsprechen einem ausgeklügelten, effizienten und evolutionären System.
Dieses System reguliert Prozesse das Lernens, der Erinnerungsbildung und der strategischen Entscheidungsfindung auf verschiedenen Ebenen des Zentralnervensystems (ZNS).
Die biologischen Stressreaktionen im menschlichen Körper umfassen:
die physiologischen Reaktionen der sympathischen und parasympathischen Wege des autonomen Nervensystems (ANS, Adrenalin, Noradrenalin)
die neuroendokrinen Reaktionen der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA, ACTH, Cortisol/Kortikosteron).
Stress stellt also einen wesentlichen Prozess der Verarbeitung von inneren und äußeren Reizen (Stressoren) dar. Dieser Prozess läuft auf Basis eines engen, wohl austarierten Zusammenspiels zwischen deinem Hirn und Körper ab.
1.1 Direkter körperlicher Einflus
1.1.1 Das "Stresshormon" Cortisol
Wie beeinflussen nun Stress und die damit verbundene individuelle Stressbelastung die Qualität deines Schlafs? Hier lohnt es sich, die bereits kurz erwähnte biologische Stressreaktionen in deinem Körper genauer unter die Lupe zu nehmen.
Während eines von dir als „stressig“ wahrgenommenen Moments wird dein Körper mittels spezifischer biologischer Stressreaktionen in einen Modus versetzt, der es ihm ermöglicht, situativ adäquat zu handeln. Evolutionsbiologen unterteilen dabei die Handlungsoptionen in vier Kategorien: Flucht, Angriff, Starre oder Zerstörung.
Entsprechend dem Verständnis der modernen Hirnforschung lass uns den Modus als körperlichen (vegetativ-hormonellen) Aktivierungs- oder Erregungsmodus verstehen. Wobei es deinem Körper egal ist, ob es sich um einen realen oder „eingebildeten“, physischen oder psychischen Stressor handelt. Die Stressreaktion wird dabei von deinem Hirn immer koordiniert ausgelöst, unabhängig davon, wie der Stressor verarbeitet wird.
Wenn dein Hirn aufgrund deiner vorrangig negativen, „stressigen“ Wahrnehmung und Bewertung eines inneren oder äußeren Reizes erst einmal beginnt, um Unterstützung für die Verarbeitung des jeweils erlebten Stressmomentes zu bitten, dann gibt es kein Halten mehr.

Nun wird die biologische Stressachse aktiviert. Die damit verbundene Freisetzung von Cortisol und anderen Stresshormonen erzeugt einen Energieschub im gesamten Organismus. Die Herzfrequenz wird erhöht, die Stoffwechselrate steigt und deine Hirnaktivität nimmt zu. Und das alles im Sinne einer adäquaten Verarbeitung des von dir bewerteten Stressors.
Wenn du dieser Energieaktivierung nichts entgegensetzt, wird dein Körper und dein Gehirn, realistisch betrachtet, unnötigerweise von Stresshormonen und Stressmodulatoren überflutet. Auf Dauer kann das zu stressbedingten, negativen Symptomen wie Ein-, Durchschlafstörungen oder einer schlechten Schlafqualität (Insomnie) führen.
Aufgrund unserer Bewertung (siehe Stress-Formel) stimulieren wir mittels unserer Gedankenmuster und Emotionsstrukturen unsere Stressreaktionen. Manchmal so stark, als ob der jeweilige Reiz so dramatisch und zerstörerisch wäre wie ein körperlicher, lebensbedrohlicher Angriff. Oft ist das Gegenüber aber nur der eigene Chef oder der verpasste Bus vor einem wichtigen Termin.
Gelingt es uns vernünftig, gelassen, selbstbewusst und direkt mit Stressoren umzugehen, dann haben wir eine gute Chance, die Stressreaktion unseres Körpers auf gesunde, natürliche Art und Weise zu aktivieren.
Innerhalb einer gesunden Stressreaktion steigt das Stresshormon Cortisol rasch an, sinkt allerdings genauso schnell wieder, wenn das stressauslösende Ereignis für uns persönlich gut und befriedigend überstanden ist. Diese Reaktion des endokrinen Systems wird durch negative Rückkopplungsschleifen gesteuert, die durch die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HHN) im zentralen Nervensystem vermittelt werden.
An dieser Stelle stellt sich erneut die Frage: Was hat das alles mit deinem Schlaf zu tun? Diese Frage lässt sich einfach beantworten: Dein Schlaf-Wach-Zyklus wird zum Teil durch Cortisol moduliert. Wie? Gegen Abend nimmt die Produktion ab und erreicht seinen Tiefpunkt während des Schlafens. Vor dem Aufwachen steigt es in der Regel wieder an, so dass du aktiv, frisch und hoffentlich wach in den neuen Tag starten kannst.
Es ist übrigens egal, wann du ins Bett gehst, die Cortisolproduktion beginnt in der Regel gegen 3 Uhr nachts. Aus diesem Grund ist es um diese Uhrzeit eher schwierig, gut und tief einzuschlafen.
Wenn der Cortisolspiegel nach einem von dir erlebten Stressmoment oder über den ganzen Tag hinweg aufgrund von zu viel Arbeitsdichte, Deadlines, unaufhörlichem Grübeln über Probleme usw. nicht genug sinkt, ist es nur schwer möglich, am Abend in den Schlaf zu finden. Dein Körper ist immer noch in einem Anspannungsmodus. An ein erholsames Einschlummern ist so nicht zu denken.
Auch die gesteigerte Stoffwechselrate, die die Kerntemperatur des Körpers erhöht, trägt dazu bei, dass an ein schnelles Einschlafen nicht zu denken ist. Denn damit du schlafen kannst, muss die Kerntemperatur um einige Grad sinken.
Die ewig kreisenden Gedanken, um nicht gelöste Aufgaben und Probleme, aber auch die unerfüllten emotionalen Wünsche und Hoffnungen nach Anerkennung und Wertschätzung fordern zusätzlich ihren Tribut.
Du kannst keine Nacht mehr durchschlafen, denn dein Hirn und damit auch dein Körper wecken dich immer wieder mitten in der Nacht auf.

Neben dem Cortisol tragen auch Adrenalin und Noradrenalin dazu bei, dass dein Kopf nicht zur Ruhe kommt.
In Studien ließ sich zeigen, dass Menschen, die unter Insomnie leiden, eine veränderte Hirnaktivität aufweisen. Normalerweise wird beim Einschlafen die Aktivität der Amygdala, (dem „Emotionszentrum“ deines Gehirns) sowie des Hippocampus (dem Erinnerungszentrum) heruntergefahren. Auch der Teil im Stammhirn, der in Zusammenhang mit der Aufmerksamkeit steht, ist weniger aktiv.
Bei Menschen mit Schlafstörungen allerdings bleibt die Aktivität unverändert. Das Gehirn kann nicht abschalten. Es wälzt emotionale Probleme oder macht sich Gedanken über die Zukunft und die Vergangenheit.
So müde man auch ist, auf diese Weise kann kein Schlafmodus hergestellt werden.
Selbst, wenn man dann endlich eingeschlafen ist, ist der Schlaf meistens nicht so tief und erholsam, wie er sein sollte. Auch dann ist das sympathische System noch aktiv.
1.1.2 Melatonin – Hormon des zirkadianen Rhythmus
Der Gegenspieler des Cortisols ist das Melatonin. Es wird in deiner Epiphyse – der Zirbeldrüse – gebildet. Sobald am Abend die Dunkelheit einbricht, beginnt die Herstellung des Melatonins. Es wird in die Blutbahn ausgeschüttet und gelangt so zu Zellen in deinem Hirnstamm.
Während des Vormittags sinkt die Konzentration wieder ab.

Die Melatoninausschüttung wird hauptsächlich von einem Bereich in deinem Gehirn gesteuert, der als Suprachiasmatischer Nukleus bezeichnet wird (merk dir einfach SCN).
Der SCN verfügt über eine große Anzahl von Nervenzellen und ist verantwortlich für den zirkadianen Rhythmus – deine innere Uhr. Gesteuert wird er durch das Licht, das von deinem Sehnerv registriert wird. Der Lichteinfall während des Tages weist den SCN an, die Melatoninproduktion zu hemmen. Sobald es dunkel wird, wird diese Hemmung aufgehoben.
Der SCN wird als „Master-Uhr“ des menschlichen Körpers angesehen. Alle deine inneren Taktungen - organische wie zelluläre - werden mehr oder weniger durch die Funktionalität des SCN bestimmt.
Neuroanatomisch zählt der SCN zum Hypothalamus.
Diese spannende Gehirnstruktur ist wesentlich verantwortlich für die Zeitplanung deines Gehirns. Immer dann, wenn die Netzhäute deiner Augen Licht wahrnehmen, leiten sie Informationen an die Sehzentren deines Gehirns weiter.
Damit ist der SCN eng an:
der Produktion und Ausschüttung von Hormonen, wie zum Beispiel dem Melatonin,
deinem Schlaf-Wach-Zyklus,
der Temperaturregulierung
und einer Vielzahl weiter wichtiger physiologischer Aufgaben
beteiligt.
Wenn dieser Bereich beeinträchtigt wird, wie es zum Beispiel bei zu häufigen Stressbelastungen der Fall ist, kommt es zu einem gestörten zirkadianen Rhythmus und einem Verlust normaler Schlafmuster.
Der SCN arbeitet aber nicht nur mit dem Licht- und Dunkelverhältnis deiner Umwelt zusammen, sondern auch mit deinen inneren Taktungen.
Dabei generiert jede Zelle des SCN mit jedem ‚Ticktack‘ der inneren Uhr ihren eigenen Rhythmus. Sie werden als „Mikrorhythmen“ bezeichnet und steuern zusammen unseren biologischen Rhythmus auf viele Arten. Das macht die Funktionsweise des SCN natürlich recht komplex und für die Hirnforschung und Medizin forschungsinteressant.
Die Frage ist, wann wird nun Melatonin im Zusammenhang mit der Funktionsweise des SCN „hergestellt“?
Wenn kein Licht vorhanden ist, du also im wahrsten Sinne des Wortes „im Dunkeln tappst“, wird deine Zirbeldrüse dazu veranlasst, Melatonin herzustellen. Wobei das Gehirn bei der Existenz von Licht wiederum die Nebennieren dazu animiert, Cortisol zu produzieren.
Funktioniert der SCN nun in sich selbst strukturiert und geordnet, dann wird das rhythmische Zusammenspiel zwischen Cortisol und Melatonin gesundheitsförderlich gesteuert.
Ist die pulsartige Aktivität dieses Bereiches des Gehirns aufgrund von dauerhaften zirkadianen Rhythmusstörungen allerdings chaotisch und unberechenbar, dann kommt es zu unvorhergesehenen Mustern und Prozessen. In der Folge werden die Schlafstruktur und -hierarchie beträchtlich durcheinandergebracht.
Dies betrifft vor allem Menschen, die in Schicht arbeiten müssen oder die dauerhaft in stressigen Arbeits- und Lebensverhältnissen ausharren (müssen). Aber auch eine durchzechte Nacht mit entsprechendem Drogen- und Alkoholkonsum kann aufgrund der Störung der gut harmonisierten Funktionalität des SCN zu spürbaren Schlafstörungen führen.
Neben Cortisol und Melatonin spielt ein weiterer Botenstoff eine wesentliche Rolle für deinen Schlaf: das Serotonin.
Melatonin kann nur ausreichend produziert werden, wenn dein Körper auch über genügend Serotonin verfügt. Dieser Botenstoff, den man umgangssprachlich auch als Glückshormon bezeichnet, wird vor allem morgens im Körper aus der Aminosäure L-Tryptophan gebildet. Ein Serotoninmangel steht oft in Verbindung mit Depressionen, weshalb es als Begleiterscheinung zu Schlafproblemen kommen kann.
Lange Zeit wurde Melatonin als Schlafhormon bezeichnet, was ein wenig irreführend ist. Obwohl Melatonin ein Gefühl der Schläfrigkeit hervorruft, produziert der Körper dieses Hormon nicht, um den Schlaf einzuleiten. Stattdessen hilft es, die anderen zirkadianen Rhythmen des Körpers zu regulieren, die wiederum unsere Schlafzyklen beeinflussen.
Schlaflosigkeit tritt häufig dann auf, wenn unser zirkadianer Rhythmus nicht mit unserer Umgebung übereinstimmt. Auf diese Weise lässt sich auch Jetlag erklären.
Durch einen Speicheltest lässt sich gut herausfinden, ob Schlafprobleme in Zusammenhang mit einer Disbalance der beiden Hormone stehen. Dabei sollte der Cortisolspiegel direkt vor dem Schlafengehen und das Malatonin drei Stunden nach dem Einschlafen gemessen werden.

1.2 Nächtliches Grübeln
Oft kommen wir erst abends richtig zur Ruhe. Nachdem wir den ganzen Tag lang Vollgas gegeben und 1000 Eindrücke auf unser Gehirn eingewirkt haben.
Am Abend - auf der Couch sitzend, oder bereits im Bett liegend - ist es plötzlich ruhig und wir sind allein mit unseren Gedanken. Auf einmal, fängt es an zu rattern und das Gedankenkarussell wird in Gang gesetzt:
"Was habe ich heute alles nicht geschafft?
Ich muss unbedingt noch einen Arzttermin vereinbaren.
Warum hat meine Kollegin mich heute so komisch angeguckt?
Vielleicht werde ich mich niemals wieder verlieben?
Was ist, wenn ich meinen Job verliere und mir die Wohnung nicht mehr leisten kann?"
Schlaf lässt sich unter so einem gedanklichen Stress nur schwer herstellen, denn dazu braucht es ruhige Gehirnwellen und keinen Tsunami in deinem Kopf.
Jeder kennt diese Nächte, in denen wir einfach nicht abschalten können. Wenn dir negative, schwerwiegende, katastrophale und angstauslösende Gedanken durch den Kopf gehen. Ehe du dich versieht, ist es 1 Uhr morgens und du fragst dich panisch, wie viele Stunden noch bleiben, bis der Wecker klingelt. Und du bist dir jetzt schon sicher, dass der nächste Tag eine Qual wird, weil du dich nicht genug ausgeruht fühlen wirst.
Wenn du nun öfter so im Bett liegst mit all deinen Sorgen, beginnt dein Gehirn - das immer gern Assoziationen und Verbindungen herstellt, um in Zukunft besser auf Situationen vorbereitet zu sein – den Vorgang des Schlafengehens mit Grübeln zu verbinden.
Diese Speicherung wird am nächsten Abend, wenn du schlafen gehst, wieder aufgerufen und aktiviert.
Je länger dies geschieht, desto intensiver wird diese negative kognitive Verbindung im Gehirn gespeichert.

Die Ursache des nächtlichen Grübelns ist hauptsächlich während des Tages zu suchen. Dein Gehirn verarbeitet das, was du tagsüber erlebt hast und kommt dann vom Hölzchen zum Klötzchen. Wenn dein Tag mit so vielen Dingen gefüllt ist, hast du keine Zeit, deine Gedanken während des Tages zu ordnen und zu verarbeiten.
Ein Teufelskreis beginnt. Schlaf wird von deinem Gehirn mit „jetzt ist endlich Zeit, über die noch offenen Probleme und Sorgen, aber auch über all die unerfüllten Wünsche und Hoffnungen, Sehnsüchte und Momente des Verlangens nachzudenken“. Das hält dich wach, besser gesagt dein Stresssystem schüttet weiterhin Cortisol aus, was wiederum die Funktionalität des SCN stört und damit das wichtige Zusammenspiel mit deinem Melatonin.
Manche von uns schlafen auch aus Erschöpfung vom Tagwerk schnell ein, aber nicht ausreichend durch. Der frühnächtliche Sabber-Schlaf auf der Couch ist erst einmal gefühlt erholsam, hat aber nichts mit dem notwendigen Regenerationsschlaf zu tun, der im optimalen Fall 5 Tiefschlafphasen umfassen sollte.
Wenn sich dein Hirn während das Tages und unmittelbar vor dem Schlafengehen dauerhaft mit Problemen und To-do- Listen beschäftigen muss, dann zieht es eventuell früher oder später die Reißleine und kippt in eine erste Tiefschlafphase, obwohl der Fernseher noch läuft oder das Buch eigentlich gelesen werden sollte.
Nach einer ersten körperlichen „Erholung“ nimmt es sich dann aber wieder Zeit zum Nachdenken und Grübeln, was erneut Stress verursacht. Dein Körper wird über die biologischen Stressreaktionen aus der Ausruhphase herausholt.
Das passiert den meisten Menschen um den Zeitraum zwischen 3 und 4 Uhr früh. Das ist auch der Zeitpunkt, an dem deine Leber auf Hochtouren anfängt, sich von all dem Alkohol zu reinigen, den du eventuell zum Einschlafen als Schlafmittel deiner ersten Wahl zu dir genommen hast.
Möchtest du dauerhaft etwas an deinen Schlafproblemen ändern? Dann solltest du deinen Tagesablauf unter die Lupe nehmen. Wie viele Ruhephasen gönnst du dir? Gibt es Möglichkeiten deinen Gedanken freien Lauf zu lassen?
Und was sind eigentlich deine Bedürfnisse? Werden diese auch in deinem Alltag gestillt?
Diese großen Lebensfragen und Veränderungen lassen sich natürlich nicht bis heute Abend klären. Deshalb habe ich dir weiter unten drei Tipps zusammengestellt, was du unmittelbar tun kannst, wenn du vor dem Einschlafen ins Grübeln gerätst.
2. Was ist gesunder, erholsamer Schlaf?
Wieviel Stunden Schlaf brauchst du, um gut erholt am nächsten Morgen aufzuwachen?
Sicher hast du schon einmal davon gehört, dass man bestenfalls acht Stunden pro Nacht schlafen sollte.
Eine aktuelle Studie der Universität Cambridge aus dem Jahr 2022 geht von einer optimalen Schlafdauer von 7 Stunden im mittleren bis hohen Alter aus. Sie untersuchte den Einfluss der Schlafdauer auf die kognitiven Fähigkeiten und die psychische Gesundheit von 40000 Studienteilnehmer*innen.
Im Ergebnis konnten die Forschenden feststellen, dass sowohl zu wenig als auch zu viel Schlaf einen negativen Einfluss u.a. auf die Aufmerksamkeit, das Gedächtnis und die Fähigkeit der Problemlösung hat. Außerdem können das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit beeinträchtigt werden.
Die TK Schlafstudie aus dem Jahr 2017 wiederum gibt anstelle eines Durchschnittswertes Unter- bzw. Höchstwerte an zwischen denen sich der individuelle gesunde Schlaf bewegen sollte:
| ab 18 Jahre | 25 - 65 Jahre | ab 65 Jahre |
Untergrenze | 6 Stunden | 6 Stunden | 5 Stunden |
Höchstgrenze | 11 Stunden | 10 Stunden | 9 Stunden |
In Deutschland schläft laut der TK jeder Zweite werktags weniger als sechs Stunden pro Nacht – eine bedenklich hohe Zahl.
Interessant ist übrigens, dass um 1900 die durchschnittliche Zeit des Schlafens mit ca. neun Stunden zwei Stunden höher war als heutzutage.
Neben der Länge ist ebenfalls der Zeitpunkt des Zubettgehens sowie der Schlafrhythmus ein entscheidender Faktor für die Gesundheit.
Schlaf ist allerdings sehr individuell. Manche Menschen benötigen - basierend auf genetischen und besonders epigenetischen Faktoren - mehr oder weniger Schlaf. Das Schlafbedürfnis wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Die durchschnittliche Schlafdauer ist deshalb ein relativ schwacher Parameter zur Beurteilung der Schlafqualität.
Wenn du durchschnittlich nur 5 Stunden schläfst und dabei keinerlei negative oder belastende psycho-emotionale Einschränkungen im Alltag feststellst, ist dies vollkommen in Ordnung.
Meistens finden wir über die Zeit gut selbst heraus, wie lange wir schlafen sollten, um uns erholt und frisch zu fühlen.
Laut Schlafforschung sind folgende 5 Parameter (SATED-Skala) die wichtigsten Faktoren, um die persönliche Schlafqualität zu bestimmen.
Zufriedenheit (Satisfaction): Wie ist deine subjektive Empfindung? Bist du zufrieden mit deiner Schlafqualität?
Wachsamkeit/Schläfrigkeit (Alertness): Fühlst du dich tagsüber wach und ausgeschlafen?
Timing: Die Platzierung des Schlafes innerhalb des 24-Stunden-Tages
Schlafkontinuität oder Effizienz: Wie leicht fällt es dir einzuschlafen? Wachst du oft auf? Kannst du dann wieder schnell einschlafen?
Schlafdauer (Duration): Wie viele Stunden schläfst du durchschnittlich?
Wenn du dir unsicher über deine eigne Schlafqualität bist, kannst du folgenden Fragebogen nutzen:

3. Wozu kann Schlafmangel führen?
Manche Menschen sollte man besser nicht vor ihrer zweiten Tasse Kaffee ansprechen… Sicher hast du das auch schon selbst erlebt: Du hast nicht ausreichend geschlafen und deine Laune ist im Keller.

Zu wenig Schlaf kann nämlich zu schlechter Stimmung, enormen Konzentrationsschwierigkeiten, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Problemen, kognitiven Einschränkungen (siehe dazu Kapitel 4) und geringer Energie führen.
Wir fühlen uns in unserer normalen Leistungsfähigkeit eingeschränkt.
Die daraus folgende Tagesmüdigkeit kann auch zu einer erhöhten Unfallgefahr beitragen. So sind 19% aller LKW-Unfälle mit Todesfällen in Deutschland auf Übermüdung zurückzuführen.
Schlafmangel führt außerdem zu Heißhungerattacken und der bevorzugten Auswahl ungesunderer Lebensmittel. Das System des Verlangens ist aktiver und Impulse werden weniger unterdrückt.
Der präfrontale Cortex, als Sitz des Verstandes - zuständig für überlegte Entscheidungsfindungen - wird in seiner Aktivität reduziert. Ein wichtiger Grund niemals müde Entscheidungen zu treffen oder schwierige Gespräche zu führen!
Doch das sind nur die akuten Folgen.
Ganz anders sieht es bei andauerndem Schlafmangel aus. Dieser kann das Risiko für verschiedene chronische Krankheiten erhöhen, wie zum Beispiel:
Adipositas
Diabetes
Depressionen
Herzkrankheiten
Schlaganfall
Nierenerkrankungen
Sowohl psychische als auch physische Erkrankungen können durch schlechten Schlaf - mit - verursacht werden. In vielen Fällen sind wechselseitige Beziehungen zwischen Erkrankung und Schlaf im Spiel. Grundsätzlich gilt jedoch: Je besser wir schlafen, desto besser ist dies für unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden und unsere tägliche Leistungsfähigkeit.
4. Was passiert in deinem Gehirn, wenn du schläfst?
Schlaf ist ein extrem wichtiger Prozess für dein Gehirn.
Die aufeinanderfolgenden Schlaffolgen haben dabei alle eine spezifische und wichtige Aufgabe.
Am besten erforscht ist der Effekt von Schlaf auf das Erinnerungsvermögen.
Dabei hat Schlafen gleich zwei Funktionen:
Das Gehirn wird für die Speicherung neuer Erinnerungen vorbereitet.
Die tagsüber im Hippocampus gespeicherten Informationen werden ins Langzeitgedächtnis transferiert.
Tagtäglich müssen wir uns unbeschreiblich viele Dinge merken. Zum Beispiel, wo wir das Auto geparkt haben, was wir einkaufen wollten oder um wieviel Uhr wir beim Zahnarzt sein müssen. All diese Informationen werden kurzzeitig im Hippocampus gespeichert. Seine Kapazität ist allerdings nicht unendlich. Wie die einer Speicherkarte ist sie irgendwann erschöpft und es muss neu formatiert werden.

In Studien (z.B. diese) konnte nachgewiesen werden, dass ein Mittagsschlaf helfen kann, wieder „Platz im Gehirn“ für neue Informationen zu schaffen. Alle Teilnehmenden mussten am Vormittag intensiv Fakten auswendig lernen. Am Nachmittag stand die nächste Lernphase an. Eine Hälfte der Gruppe durfte in der Zwischenzeit einen Mittagsschlaf machen, die andere Hälfte beschäftigte sich mit anspruchslosen, ablenkenden Tätigkeiten.
Die Mittagsschlafgruppe schnitt am Nachmittag wesentlich besser ab, als die Kontrollgruppe. Der Lernvorteil lag bei 20%!
Die Forscher*innen konnten nachweisen, dass durch den Mittagsschlaf eine Wiederherstellung des Lernvermögens stattfand.
Während des Schlafens konnte eine erhöhte elektrische Aktivität vor allem zwischen dem "USB-Stick" unseres Kopfes, dem Hippocampus, und dem Cortex festg