top of page

Rieche den Frühling! - Wie du mit Gerüchen dein Wohlbefinden verbessern kannst

Aktualisiert: 13. Mai 2022

Endlich ist es wieder so weit: Tulpen und Narzissen bilden bunte Farbtupfer in Städten und unseren Gärten, Bäume lassen voller Lust ihre Knospen sprießen und recken sich der wärmenden Sonne entgegen - auch, wenn die Sonne uns in diesem Jahr zugegebenermaßen noch etwas spärlich verwöhnt. Die Luft ist geschwängert von einem frischen und Appetit anregenden Duft. Wir strecken uns freudestrahlend gen Himmel, atmen tief ein und aus und wollen nur noch eins sein mit der Natur. Auf meinen Spaziergängen durch Berlin und das Umland sehe ich auf einmal viel freudigere Gesichter, Menschen, die genüsslich auf Bänken sitzen und in die Sonne blinzeln. Es ist schwer an diesen ersten sonnigen Frühlingstagen schlecht gelaunt zu sein und sich negativen Gedanken hinzugeben. Warum ist das so? Wieso reagieren wir Menschen auf die wieder erblühende Natur so intensiv und berauscht? Und wie können wir diese Intensität der Emotionen noch steigern und das ganze Jahr über erleben?



Gerüche - der direkte Weg zu unseren Emotionen


Neurologisch betrachtet ist unsere Leistungsfähigkeit und Lebensfreude ein Ergebnis unserer Sinneswahrnehmungen. Was wir dabei oftmals vergessen: Unser Geruchssinn ist dabei der direkte Weg zu unseren Emotionen. Die Gehirnareale, die Gerüche und Gefühle verarbeiten, sind eng miteinander verbunden und voneinander abhängig. Ohne Geruch wären wir nicht in der Lage, unseren Gefühlen und Empfindungen Ausdruck zu verleihen, emotionale Eindrücke zu verarbeiten oder angenehme Erlebnisse in unserem Gedächtnis zu speichern und bei Bedarf abzurufen. Mehr als alle anderen Sinneserfahrungen sind geruchsaktive Substanzen in der Lage, in uns Gefühle und Erinnerungen hervorzurufen: Sie erfüllen uns mit Freude und Wut, verursachen Tränen oder Liebeskummer, lösen Ängste aus oder wecken Gelüste. Welche Düfte fallen dir spontan ein, die in dir immer besonders intensiv Erinnerungen oder Emotionen auftauchen lassen? Bei mir ist es ganz besonders der Duft frisch gebackenen Streuselkuchens, der mich zurück in meine Kindheit versetzt oder der Geruch reifer Mangos, der mich von einer Sekunde zur nächsten zurück nach Bali katapultiert und mir sofort ein Lächeln auf die Lippen zaubert.


Der Geruch des Frühlings löst in den meisten von uns positiv besetzte Emotionen und Gefühle aus und bestimmt fortan unser Denken und Handeln. Wir haben gelernt, die ersten warmen Sonnenstrahlen und die länger werdenden Tage als etwas Belebendes und Wunderbares zu interpretieren und zu empfinden. Doch ein angenehmer Geruch kann sich von einer Sekunde auf die andere auch zu einem unangenehmen Sinneseindruck verändern. Wenn wir den Frühling mit einem stark belastenden Ereignis, wie dem Verlust einer geliebten Person verbinden, allein diese Assoziation kann in der Erinnerung zu negativen Frühlingsgefühlen führen. Denn Geruch ist ein Ergebnis assoziativer Lernprozesse.


Neue Erkenntnisse zeigen: Geruchsempfinden ist nicht angeboren, also genetisch vorprogrammiert, sondern ein Zusammenspiel zwischen verschiedenen Reizen, Erfahrungen und Erwartungen. Wir können daher bis in das hohe Alter hinein unsere Gefühlslage mit gezieltem Riechen steuern und selbstbestimmt beeinflussen.

Im Alltag nutzen wir diese Fähigkeit viel zu selten! Dabei könnten wir auf diese Weise Erlebnisse noch intensiver genießen oder in schwierigen Situationen und Herausforderungen mit bewusstem Riechen ruhiger und konzentrierter agieren.


Der Geruchssinn besitzt mehr Rezeptoren (wir besitzen ca. 20 Millionen Geruchsrezeptoren in der Riechschleimhaut) als jeder andere Sinn, doch der Bereich des Gehirns, der die Geruchseindrücke registriert und verarbeitet, ist sehr klein und nimmt nur etwa 0,1 Prozent des gesamten Hirnareals ein. Weiterhin sind wir in der Entwicklung darauf geschult, mehr unseren Augen und Ohren zu glauben, als unserer Nase. Welch eine Verschwendung!

Wir atmen jeden Tag mindestens 23.000 Mal ein. Es gibt also genügend Möglichkeiten, angenehme und beruhigende Gerüche wahrzunehmen.



Deinen Geruchssinn kannst du mit folgenden Tipps ganz leicht im Alltag trainieren:


1. Nutze die Zeit beim Warten auf die Bahn oder beim Arzt. Schließe in diesen Momenten die Augen ziehe mit höchster Aufmerksamkeit die Atemluft in fünf langsamen Schritten genussvoll ein. Erriechen die wohltuend neutrale Luft oder selektiere aus allen Gerüchen die für dich angenehme Nuance heraus und verbinde diese mit schönen Erinnerungen. Spüre dabei die aufkommende Gelassenheit in deinem Körper und Gehirn.


2. Eine durchschnittliche, unbekümmerte menschliche Nase kann zwischen zehn- und vierzigtausend verschiedene Duftsubstanzen unterscheiden. Viele von uns kommen nur auf hundert! Doch deine Geruchswahrnehmung und Geruchsbewertung ist bis ins hohe Alter trainierbar. Nimm dir immer wieder Zeit in die betörende Welt der Düfte einzutauchen, achte beim Kochen auf die unterschiedlichen Aromen oder geh auf einen Markt und versuche dort die einzelnen unterschiedlichen Düfte herauszuriechen - frisch gebackenes Brot, Erdbeeren oder den Geruch frischen Kaffees.


3. Nichts stinkt oder riecht unangenehm, es sei denn, wir denken es. Denn, was du mit einem Ereignis gedanklich in Verbindung bringst und wie du diesen Eindruck verbal beschreibst, so wirst du auch den Geruch wahrnehmen und bewerten. Achte daher ab sofort darauf, welche Gedanken dir durch den Kopf gehen, wenn du einen für dich noch unbekannten Geruch riechst.


4. Wenn du einen angenehmen Geruch wahrnimmst, spüre diesen sofort bewusst mit Worten nach, beschreibe dabei deinen Eindruck und auch deine Empfindungen verbal in drei starken Sätzen. In schwierigen Situationen oder wenn du dich wieder einmal ärgerst oder traurig bist, hole diese Sätze wieder hervor und erinnere dich an den positiven und stimulierenden Moment. Dies erzeugt einen Kick in deinem emotionalen System und hebt die Stimmung!


5. Achte während der Wahrnehmung eines angenehmen Geruchs auf deine Körperreaktionen. Sei dabei sehr präzise: Ist deine Gesichts- und Nackenmuskulatur entspannt, empfindest du eine wohlige Wärme auf der Haut, fühlst du dich sanft stimuliert oder intensiv belebt?


6. Unsere Geruchswahrnehmung ist ein Sammelsurium aus visuellen, taktilen und verbalen Aktivitäten, Erwartungen und Erfahrungen. Wenn du zum Beispiel den angenehmen Geruch einer Rose intensivieren willst, fokussiere die Augen auf das satte Rot, spüre mit den Händen die Struktur und die Oberfläche der Rose nach, beschreibe deine Empfindungen brenne das Erlebnis mit allen Sinneskanälen ein.


7. Wenn wir gut gelaunt sind, riecht ein Duft besser, als wenn wir schlechte Laune haben. Nutzen gute Tage und Stunden, geh in die Natur, zieh die Luft intensiv durch die Nase, lass deinen Gedanken freien Lauf und konzentriere deine Aufmerksamkeit auf die Stelle zwischen deinen Augenbrauen, berühre diese Stelle leicht mit dem Zeigefinger. Denn an dieser Stelle, dem Riechkolben, wird ein Geruch besonders intensiv aufgenommen.


8. Überrasche dich im Laufe eines Jahres einmal selbst. Lege zum Beispiel eigene „Duftspuren“ in deine Bücher, Wäsche, Jacken, Koffer oder Handtaschen. Wähle dazu natürliche Duftstoffe wie Lavendel oder Rosmarin. Je nachdem, was dir gefällt und angenehme Erinnerungen hervorruft. Diese Methode ist auch ein exzellentes Training für Ihr Gedächtnis!



Und jetzt raus mit dir oder Fenster auf! Genieße den Frühling in vollen Atemzügen - dein Gehirn - und damit dein Wohlbefinden und deine Gesundheit - wird es dir danken!




bottom of page