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Die vier Grundbedürfnisse nach Grawe | 4. Lustgewinn und Unlustvermeidung

Aktualisiert: 13. Mai 2022


Der Umgang mit Lust und Unlust ist eines der wichtigsten Regulationsprinzipien in unserem Leben.

Wir alle streben nach lustvollen Erfahrungen und wollen negative Emotionen wie beispielsweise Angst, Schmerz, Enttäuschung oder Verletzung vermeiden.


Es gibt Menschen, die stärker nach dem Prinzip Lustgewinn oder Unlustvermeidung leben. Der Umgang mit lustvollen und nicht lustvollen Anteilen des Lebens müssen von uns erst erlernt werden. Oftmals geht es hierbei auch um das Thema der Frustrationstoleranz. Also darum, Frustration, unangenehme Gefühle und Situationen aushalten zu können. Oder manchmal eben auch gewisse Unlust auf sich nehmen zu müssen, damit lustvolle Erfahrungen gemacht werden können (Stichwort: Belohnungsaufschub).


Etwas Aushalten, der Umgang mit Unlust, aber auch der Lust Grenzen zu setzen, ist für viele von uns schwer. Es handelt sich um einen langwierigen Lernprozess. Aushaltevermögen und Lustregulation, das sind die wohl zwei größten Herausforderungen unseres alltäglichen Lebens, für jeden von uns.


Lebenslanges Lernen: So stärkst du deine Frusttoleranz und dein Aushaltevermögen.

Etwas völlig Neues zu erlernen ist häufig mit Frustration, Enttäuschungen und auch Unlust (zum Beispiel an ewigen Wiederholungen) verbunden. Eine gute Taktik, die eigene Frustrationstoleranz zu verbessern und zu trainieren.


Mein Tipp: Setze dich für eine Stunde an deinen Computer oder Laptop, du kannst dazu auch dein Smartphone in die Hand nehmen. Dann rufe die Webseite www.wissenschaft.de auf und surfe dich durch die neuesten und spannendsten Beiträge aus der aktuellen Forschung zu den verschiedensten Themenfeldern des Lebens, die du dir vorstellen kannst. Wenn dich inhaltlich etwas besonders interessiert, und das wird es, dann vertiefe dich in das Thema und „lerne“ mehr darüber. Nach einer Stunde beendest du deinen Trip durch die Welt der aktuellen Wissenschaft, um dich am nächsten Tag wieder daran zu erinnern, was du alles „gelernt“ hast. Probiere es aus und sei sanftmütig mit dir!


Wenn du wenig affin für die Wissenschaft bist, dann überlege dir etwas anderes, was du Neues für dich erlernen könntest. Das wäre im einfachsten Fall eine Sprache oder ein Musikinstrument. Das klingt natürlich immer sehr schön und intelligent, wenn man gegenüber anderen sagen kann: „Ich lerne jetzt Spanisch.“ oder: „Ich spiele jetzt Klavier.“ Aber du und ich, wir beide, wissen, dass die wenigsten von uns wirklich dauerhaft ein neues Musikinstrument oder eine neue Sprache erfolgreich erlernen. Ich zum Beispiel habe letzten Sommer sehr enthusiastisch angefangen Italienisch zu lernen, nun erinnern leider nur noch die täglichen Nachrichten Duolingos daran. Daher suche dir doch einmal etwas ganz anderes heraus! Etwas Überraschendes für dein Gehirn. Zum Beispiel könntest du die Handhabung einer Kettensäge erlernen, Häkeln oder Bauchtanz. Du könntest auch Rechtsgehilfe werden und dich in Paragrafen und Gesetze einlesen oder dich in der Kunst der Pâtisserie versuchen (dann lade mich doch gern ein, ich bin bin ein ganz exzellenter Testesser ;) . All das wären Möglichkeiten, um deine Neugier und Frustrationstoleranz zu stärken.



Manchmal brauchen wir viel Disziplin und Motivation, bis wir an unser Ziel kommen. Und auf unserem Weg gibt es immer wieder Hindernisse, in einigen Fällen müssen wir sogar wieder von vorn beginnen. Daher ist es wichtig, immer wieder einmal Frustration und Unlust zu erleben und auch für sich selbst zuzulassen, damit wir den Umgang damit nicht verlernen.


Das bedeutet aber nicht, dass du in einem ständigen Zustand der Unlust leben sollst. Im Gegenteil, eine gute Balance zwischen Lustgewinn, Belohnungsaufschub, Frusttoleranz und Unlustvermeidung ist essenziell für ein erfülltes und glückliches Leben.


Lust, Leidenschaft, Verlangen, Genuss und Freude, aber auch Angst, Ekel, Furcht und Ablehnung, all diese äußerst intensiven Emotionen werden von deinem Gehirn, in enger Abstimmung mit deinem Körper und deiner Umwelt, zu jedem Zeitpunkt deines Alltags auf der Basis von neurobiologischen Prozessen und Netzwerkstrukturen „konstruiert“ und „manifestiert“.

Was also Lust oder Unlust bereitet, kommt aufgrund eines individuellen Bewertungsprozesses zu Stande und kann nicht generell festgelegt werden. So kann es sein, dass dein Partner etwas als lustvoll erlebt, was dir selbst eher Unlust bereitet. Daher ist es für ein friedliches, angenehmes Zusammenleben wiederum so wichtig, gegenüber Andersfühlenden und Andersdenkenden nicht nur Toleranz zu zeigen, sondern auch Akzeptanz, Respekt und Verständnis.



Lustvolle Momente des Alltags.

Unser Alltag bietet für jeden von uns lustvolle Momente, wenn wir in der Lage sind, diese auch wahrzunehmen, für uns anzunehmen und intensiv zu erleben.


Wenn du den Eindruck hast, dass bei dir im Alltag zu wenig Platz für lustvolle Momente besteht, dann schaue genauer hin. Wo gibt es Möglichkeiten für lustvolle und freudige Erfahrungen? Und wo kannst du diese aktiv in den Alltag einbauen?

Achte auch darauf, inwieweit das Verlangens-, Lust- und Belohnungsnetzwerk (VLB-Netzwerk) in deinem Gehirn bereits durch stoffliche oder nicht-stoffliche Ganoven und Mitesser beherrscht wird. Vielleicht übersiehst, überhörst oder überriechst du immer wieder das, was dir in deiner unmittelbaren Umgebung eigentlich Lust und Freude bereiten könnte.

Betreibe bewusstes Hirn-Clearance, vor allem in deinen Lustzentren. Und übernehme wieder die Richtungskompetenz über dein Verlangen und deine Triebe.

Wie das geht?

Entdecke in deinem Alltag etwas Einfaches und Unspektakuläres, was dir einen Hauch von Lust bereiten könnte. Sei es, dass du nach Lust und Laune in der Regenpfütze umherspringst oder dass du dir in Ruhe einen Nachmittagskaffee oder Tee gönnst. Auf diesem Wege setzt du auch deine Erwartungshaltung gegenüber den Dingen, die dir Freude und Lust bereiten könnten, schrittweise wieder nach unten.


Lustvolle Momente wahrzunehmen und aktiv in das Leben einzuplanen, bringt Freude und hilft, dein Bedürfnis nach Lust zu befriedigen.


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Achte im Alltag auf die Befriedigung deiner vier wesentlichen Grundbedürfnisse und mache täglich etwas dafür. Dies ist eine wesentliche Quelle für ein glückliches, zufriedenes und erfülltes Leben. Selbstverständlich kannst du nicht 24/7 an allen gleichzeitig arbeiten und es gibt Situationen im Leben, da lässt sich das ein oder andere nicht so leicht umsetzen. Doch das wichtigste ist, dass du dir deiner Bedürfnisse gewahr bist, sie kennenlernst und für dich selbst herausfindest, was dir hilft, diese zu befriedigen.


Hier noch einmal die Zusammenfassung der 4 Grundbedürfnisse:




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